Konnex fragt Fabiana Grilli und Nicole Mayer

(Fabiana Grilli, Leiterin Marketing und Kommunikation bei 4B und Nicole Mayer, Geschäftsführerin des Vereins Zürcher Museen geben Antworten zu den Herausforderungen der letzten Monate)

Welches war die grösste Herausforderungen während der Pandemie?

Fabiana Grilli von 4B:
Die anfänglich grösste Sorge galt dem Schutz der Mitarbeitenden. Wir haben schnell strenge Hygieneregeln und corona-konforme Bewegungsabläufe eingeführt. Gleichzeitig hat die Geschäftsleitung mittels Risikoanalyse Szenarien entwickelt. Wir wussten anfänglich nicht, ob es in der Branche zu Auftrags- oder Liefereinbrüchen kommen würde. Unsere Sorgen haben sich bald verflüchtigt. Und das Gegenteil hat sich eingestellt. Die Baustellen blieben offen und die Kundenbestellungen wurden sogar mehr, so dass sich sehr bald eine neue Situation als die grösste Herausforderung herausstellte: Wie stellen wir die Balance zwischen gesteigerter Leistungskapazität von bis zu 115% mit erhöhten physischen sowie psychischen Belastungen (aufgrund von Corona) in den Teams sicher? Das Supply Chain Management-Führungsteam stand während dieser Zeit unter einer aussergewöhnlichen Belastungsprobe. Sie haben aktiv und täglich informiert, gleichzeitig für maximale Lieferfähigkeit auf der Baustelle gesorgt und dabei immer auch ein offenes Ohr für ihre Leute gehabt. Auch weil der Kundenfokus für uns sehr wichtig ist, wollten wir in dieser herausfordernden Zeit unbedingt nachhaltig leistungs- und wettbewerbsfähig bleiben. So haben wir in zusätzlichen Lagerplatz investiert und selektiv geringere Produktivität in Kauf genommen. Aktive Massnahmen zur radikalen Kostensenkung wie Kurzarbeit oder Teilschliessung haben wir nicht umgesetzt. Auch in diesem Fall haben wir den konträren Weg gewählt und stattdessen auf wichtige Investitionen für Innovationen (z.B. Industrialisierung) im Jubiläumsjahr gesetzt. Die Auftragslage bei 4B ist glücklicherweise nach wie vor gut.

Nicole Mayer vom Verein Zürcher Museen:
Der Entscheid, ob die Lange Nacht 2020 stattfinden kann. Das Abwägen der Pro und Contras, die unterschiedlichen Meinungen der Museen und die Einsicht, einfach nicht zu wissen, wie die Lage ein paar Wochen später wohl sein mag. Wir haben den Entscheid darum sehr lange hinausgezögert, uns dann aber Anfang Juli schweren Herzens für eine Absage entschieden. Das hat schon weh getan.
Und dann die Kommunikation, was, wann wie gilt – die Informationen zu sammeln und den Überblick zu behalten. Und: Das Momentum nicht zu verpassen, um die Museen sympathisch in ein gutes Licht zu rücken. Immerhin waren es die Museen, die nun zum zweiten Mal als erste und einzige Kulturinstitutionen wieder öffnen durften. Das versuchten wir für uns positiv zu nutzen.

Welche Anpassungen aus der Corona-Zeit nehmen Sie mit in die Zukunft?

Fabiana Grilli von 4B:
Wir haben in den letzten 10 Monaten unseren Markenauftritt komplett überarbeitet. Aufgrund der physischen Distanzen haben wir die Meeting-Kultur im Team sowie mit den Agenturen agiler gestaltet. Die zu bewältigenden Aufgaben waren sehr viele und wir mussten sicherstellen, dass wir trotz erschwerter Bedienungen und maximalem Schutz die Deadlines einhalten. Der Austausch fand täglich statt. Der Plan und das Ziel waren immer für alle transparent und klar. Die Verbindlichkeit, das Vertrauen und die Verlässlichkeit haben schlussendlich zum Erfolg beigetragen. Ich nehme mit, dass Kommunikation und gute Partnerschaften das A und O sind – gerade in Krisen sollte man zusammenstehen und an einem Strang ziehen. Im Nachhinein betrachte ich die Zeit als Chance. Wir haben ein einmaliges Projekt umsetzen dürfen und sind heute als Team noch stärker zusammengewachsen. Das macht mich besonders stolz.
Aus Sicht Produktion und Supply Chain haben wir gelernt, das Risikomanagement stets aktiv zu betreiben, damit wir – falls wir von einer Corona-Krise in eine Beschaffungskrise übergehen sollten – die Engpässe auch gut bewältigen.

Konnte die Krise auch als Chance für neue Ideen genutzt werden?

Nicole Mayer vom Verein Zürcher Museen:
Allgemein war das sicherlich der Fall, doch stand es für uns beispielsweise nie zur Diskussion, die Lange Nacht digital durchzuführen. Wir haben das im letzten Frühling bei einigen Anlässen beobachtet, was uns nicht überzeugte. Die Lange Nacht lebt von der Spontanität und von Begegnungen unterwegs. Diesen Charakter wollten wir ihr nicht nehmen.
Wenn Museen digitale Angebote kreieren, ist das etwas anderes. In dem Zusammenhang sind dann auch spannende neue Formate entstanden und die Krise hat der Digitalisierung in den Museen Aufwind verliehen, was man durchaus positiv werten kann. Vieles davon wird die Krise überdauern und Teil des Kulturangebots bleiben.
Dennoch – und da ist sich wohl die Mehrheit der Kulturszene einig: Ein digitales Format kann nie das reale Erlebnis ersetzen. Die Krise hat aber auch deutlich gemacht, dass Kultur mehr ist als der blosse Ausstellungs- oder Theaterbesuch. Vielmehr geht es um das Teilen von Eindrücken und die Begegnung mit anderen. Den sozialen Aspekt also.

Was hat Ihnen persönlich geholfen, die Krise zu meistern?

Fabiana Grilli von 4B:
Krisen mit weltweiter Tragweite wie diese Pandemie betreffen uns alle. Wir waren und sind im gleichen Boot. Diese Tatsache hilft, nicht an sich zu zweifeln. Persönlich habe ich dank Home Office mehr Zeit für mich gefunden. Der Mittagsspaziergang und allgemein mehr Bewegung, das war ein Gewinn! Ich habe mich wieder richtig fit gefühlt. Der Beziehungsradius wurde zwar immer enger, dafür umso intensiver. In der Familie haben wir viel über unsere Ängste und Sorgen gesprochen und uns gegenseitig unterstützt. Die mentale und physische Stärke sowie ein gutes soziales Umfeld haben mir definitiv geholfen. Ich bin auch sehr dankbar dafür. Es ist nicht selbstverständlich. Denn es gibt viele Menschen, die diese Krise existentiell getroffen hat. Ich begegne ihnen mit Empathie und Solidarität und versuche, wenn auch nur im Kleinen, zu helfen und immer ein offenes Ohr zu haben.

Nicole Mayer vom Verein Zürcher Museen:
Mein persönliches, aber auch berufliches Umfeld, der regelmässige Austausch mit Feunden und Kolleginnen. Zudem wird mir zum Glück selten langweilig und mir fällt fast immer was ein, wenn mal weniger zu tun ist. Letztendlich schätze ich mich aber glücklich, dass – obwohl ich im Kulturbereich tätig bin – immer genug zu tun war. Jedenfalls bin ich nicht mal richtig zum Ausmisten gekommen, obwohl ich mir das schon sehr früh vorgenommen habe.
Und während dem die Museen wieder geöffnet waren und nun wieder sind, zieht es mich natürlich regelmässig dahin, was ich sehr geniesse. Vielleicht schätzen wir solche «alltäglichen» Dinge zukünftig mehr.